Der EuGH hat mit einer neuen Entscheidung vom 26.03.2020 wieder eine Tür aufgestoßen, die der Bundesgerichtshof in seiner vergangenen Rechtsprechung zugemauert hatte: Die Möglichkeit für Darlehensnehmer, sich von unliebsamen Darlehensverträgen durch Widerruf zu lösen.
Die Entscheidung betraf folgende Widerrufsinformation:
„Widerrufsinformation
Der Darlehnsnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E‑Mail) widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehnsnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs.2 BGB (z.B. Angaben zur Art des Darlehens, Angaben zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat. …“
In der Sache ging es darum, ob die Verweisung auf § 492 Abs. 2 BGB, dem in Art. 10 Abs. 2 Buchst. p der Richtlinie 2008/48 vorgesehenen Erfordernis genügt, dass im Kreditvertrag das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts sowie die Modalitäten für die Ausübung des Widerrufsrechts in „klarer, prägnanter“ Form angegeben werden müssen.
Der EuGH stellte fest, dass § 492 Abs. 2 BGB selbst auf eine andere nationale Vorschrift verweise, nämlich auf Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB, worin wiederum auf weitere Bestimmungen des BGB verwiesen werde (sog. Kaskadenverweisung). Damit müsse der Verbraucher, um alle Pflichtangaben herauszufinden, deren Erteilung für das Anlaufen der Widerrufsfrist maßgeblich sei, auf nationale Vorschriften zugreifen, die in verschiedenen Gesetzeswerken enthalten seien. Außerdem sei der Verbraucher gezwungen, gemäß Art. 247 § 9 EGBGB zu bestimmen, ob der Vertrag ein Immobiliardarlehen im Sinne von § 503 BGB betreffe, wobei diese Frage von einem rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittsverbraucher nicht beantwortet werden könne.
Damit hatte die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen!
Das Urteil betrifft eine Vielzahl von Darlehensverträgen zwischen 2010 und 2016, die damit noch widerruflich sind. Das gilt es schnell zu prüfen!